Wie ich Anfang dieser Woche im Blog schrieb, habe ich anscheinend einen Nerv getroffen, als ich mich entschied, die Art und Weise, wie der Rat –, unter der finnischen Präsidentschaft – diese Anhörungen nach Artikel 7 durchführt, über Twitter mal etwas unter die Lupe zu nehmen. Tytti Tuppurainen, Ministerin für Europäische Angelegenheiten, die den finnischen Ratsvorsitz vertritt, zeigte sich etwas verärgert und sagte, man würde über die Regeln „trampeln“ und forderte eine schriftliche Erklärung.
Ich wies sie auf meinen Twitter-Feed hin. Aber dies war anscheinend nicht gut genug.
Minister Gergely Gulyás, Leiter der Staatskanzlei, antwortete Ministerin Tuppurainen heute in einem offiziellen Schreiben (Finnland hat jetzt die rotierende Ratspräsidentschaft inne).
„Es ist beunruhigend, wenn europäische Institutionen gegen Verfahrensregeln verstoßen, diese umgehen oder in bestimmten Fällen ein Auge zudrücken“, sagte Minister Gulyás in seiner Antwort, in der er mehrere Verstöße des Rates auflistete, die kürzlich unter finnischer Präsidentschaft begangen wurden.
Insbesondere erwähnt er die Veröffentlichung eines förmlichen internen Berichts über die Anhörung Ungarns vor dem Rat für Allgemeine Angelegenheiten, die am 16. September stattgefunden hat, sowie das Verfahren nach Artikel 7. Es handelte sich um ein internes Dokument im Zusammenhang mit einer geschlossenen Anhörung, und das Generalsekretariat hat Ungarn vor der Veröffentlichung dieses Dokuments nicht konsultiert. Die Person, die Zugang zu dem Bericht erhalten hatte, hat es dann im Internet veröffentlicht.
Gulyás erinnerte Tuppurainen auch daran, dass ein laufendes Nichtigkeitsverfahren gegen einen EP-Entschluss vorliegt, das wegen einer unregelmäßigen Stimmenauszählung zunächst die Einsetzung des Artikels 7 gegen Ungarn ausgelöst hatte, wodurch die Rechtmäßigkeit der fortgesetzten Anhörungen in Frage gestellt werden kann.
Der Leiter der Staatskanzlei fügte hinzu, dass die Präsidentschaft selbst die völlige Abwesenheit von Neutralität gezeigt habe, als sie eine zweite Anhörung zum Entwurf der Tagesordnung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten einräumte, eine Anhörung, die diese Woche stattfand. Er wies darauf hin, dass der tatsächliche Umfang des Entschlusses gegen Ungarn während der Anhörungen völlig missachtet wurde, da verschiedene andere Fragen – die nicht mit dem EP-Entschluss zusammenhängen – ständig zur Sprache gebracht worden sind.
„Und was die Öffentlichkeit betrifft“, schrieb der Minister, „möchte ich betonen, dass kein Mitgliedstaat für ein Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden kann, welches nicht rechtswidrig ist, wenn es vom Generalsekretariat des Rates ausgeführt wird.“ Entweder gelten die Regeln in beiden Fällen oder gar nicht.
Und Gulyás versetzte einen weiteren Schlag mit seiner Bemerkung, dass der allgemeine Mangel der anderen Mitgliedstaaten an Wissen über die gegen Ungarn geführten Anhörungen gemäß Artikel 7 „beunruhigend und zugleich schockierend“ gewesen sei.
Genauso „beunruhigend und schockierend zugleich“ war während der Anhörungen, dass „einige Mitgliedstaaten und Institutionen, im Gegensatz zum Grundsatz der aufrichtigen Zusammenarbeit, die Anschuldigungen von NGOs widerholen, die von den Open Society Foundations von George Soros gesponsert wurden, und eine offen politische Rolle in der einheimischen und der europäischen Politik spielen.“ Es hat überhaupt keine “echten Rechtsargumente” gegeben.
In Bezug auf den anhaltenden Vorwurf, dass die Kritik gegenüber dem Einfluss von Soros in irgendeiner Weise eine Form von Antisemitismus wäre, lehnte der Minister dies entschlossen ab und forderte alle Mitgliedstaaten auf, eine solche Auslegung abzulehnen. Wie ich Anfang dieser Woche im Blog schrieb, ist das #SorosOrchestra real, und das zu sagen hat nichts Antisemitisches an sich.
Wie Minister Gulyás sagte, werden wir uns an die EU-Verfahren halten, den Artikel 7 miteinbegriffen, solange sie „neutral und frei von äußeren Einflüssen“ sind. Er merkte jedoch auch an, dass Ungarn sich das Recht vorbehält, „gegen jede tendenziöse oder böswillige Tätigkeit“ seitens der EU- Institutionen Rechtsinstrumente zu verwenden.
Ministerin Tuppurainen schoss heute Nachmittag auf Twitter zurück, indem sie die Antwort als unangemessen und unvollständig bezeichnete – und indem sie nichts über die unglückliche Missachtung der Regeln durch den Rat sagte. Dann sprach sie noch kurz über den Juristischen Dienst des Rates.
Lesen Sie hier den vollständigen Text des Briefes. Bleiben Sie dran!